Wenn man am vergangenen Donnerstagabend draußen im Biergarten des Bürgerzentrums Alter Schlachthof saß, um sich ein Feierabendbier zu gönnen, rieb man sich verwundert die Augen. Eine Menschenschlange vor dem Saal, wie man es im Bürgerzentrum zuletzt bei Zappelpartys gesehen hat. „Was ist denn da los?“, wird sich manch einer gefragt haben. Der Hintergrund war aber nicht fröhlicher Art, sondern ein durchaus ernster. Die Soester SPD hatte zum Bürgerdialog über das Klinikum Stadt Soest eingeladen und über 60 Bürgerinnen folgten dem Aufruf und kamen in den Saal des Kulturhauses. Weitere 50 verfolgten der Übertragung auf YouTube.
Sorge um die Zukunft des Klinikums
Die Sorge um Lage und Zukunft des Klinikums der Stadt Soest war an diesem Abend Thema der Diskussion mit vier Expertinnen und Experten auf dem Podium. Unter der Moderation von Prof. Dr. Werner Kirsch begann eine über zweistündige Diskussionsrunde.
Mit auf der Bühne der frühere ärztliche Direktor des Klinikums Prof. Dr. Albrecht Schneider. Er erinnerte an die über Jahre hinweg bewährte Struktur des Klinikums und erklärte an Beispielen wie wichtig und existenziell, es ist fachübergreifende Abteilungen Tag und Nacht unter einem Dach zu haben und dass ein Klinikum nicht nur aus Chefärzten und Fachärzten besteht. Besonders wichtig war es Prof. Schneider, dass dem Klinikum die Befähigung zur Weiterbildung erhalten bleibt. Nur so könne man ärztliches und pflegerisches Fachpersonal dauerhaft für das Klinikum gewinnen.
Die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Kreises Soest und SPD Bürgermeisterkandidatin Bärbel Dittrich machte auf die Notwendigkeit des Krankenhausstandortes Soest innerhalb der Region aufmerksam und stellte heraus, dass es sich lohnt für den Erhalt des Klinikums zu kämpfen, dass dieses Haus weiter diese gute Arbeit leisten kann, für das es über die Grenzen von Soest hinaus bekannt ist.
Dr. Bärbel Wiedermann vom Marburger Bund und langjährigen Betriebsrätin beim Klinikum Dortmund ging im Anschluss mit den Beraterfirmen hart ins Gericht. Während Ihrer Tätigkeit in Dortmund, das als kommunal geführtes Krankenhaus ebenfalls mit einer ähnlichen finanziellen Krise zu kämpfen hatte, bekam sie es auch mit der ein oder anderen Beraterfirma, wie die für Soest beauftragte KPMG, zu tun. Ergebnis und Empfehlung aller Berater, so Bärbel Wiedermann ist stets gewesen an den Personalkosten zu sparen. „Kernkompetenz ist das Betreuen und Heilen von Patienten. Das kann man aber nur mit entsprechend Personal.“ Eine Beraterfirma wie die KPMG empfähle somit eine Beschneidung der Kernkompetenzen. Das Klinikum hat eine Belegungsquote von 98% bei einer Verweildauer von nur 5 Tagen (2018). Das seien bundesweite Spitzenwerte. Das heißt, die Mitarbeiter des Soester Klinikums haben alles gegeben. Besser ginge es nicht. Wenn man dann von Stellenabbau redet, verängstigt das die Mitarbeiter im höchsten Maße. Was es bräuchte, wäre ihrer Erfahrung nach ein besseres internes Controlling und kein externes.
Der Vorsitzende des Aufsichtsrates des Klinikums Roland Maibaum wies darauf hin, dass gerade die Belegschaft das Klinikum mit höchstem Engagement stützt. Da braucht es keinen zweiten teuren Sanierungsgeschäftsführer. Maibaum hatte angemahnt, die Stadt müsse im Sinne praktizierter Daseinsfürsorge Lasten für das Klinikum ebenso tragen, wie es für die Wirtschaftsförderung, Stadthalle und Musikschule ohnehin geschieht. Sicher waren die damals einstimmig getroffenen Entscheidungen zur Übernahme der gesamten Kosten für die Erweiterungsbauten des Klinikums riskant. Dennoch waren sie in Ihrer Gesamtheit richtig; sie brachten das Haus deutlich voran, belasten heute aber noch die Bilanz mit einem jährlichen Kapitaldienst. Diesen müsse die Stadt tragen.
Fragerunde im Anschluss
Nach einer Stunde begann dann die Fragerunde mit Soester Bürgerinnen und Bürgern in der schnell deutlich wurde, wie intransparent mit dem Thema bislang umgegangen wird. Primär ging es um den Erhalt der Leistungsfähigkeit des Klinikums. Hierfür plädierte u.a. auch Rolf Strothkamp (BG-Soest) ganz ausdrücklich. Der Berater des Klinik-Betriebsrates warb zudem für bessere Prozessabläufe, nicht aber für die Keule der Wirtschaftsberatung KMPG. Er stellte ebenso klar, dass die von der Unternehmensberatung KPMG empfohlene und von der Ratsmehrheit beschlossene harte betriebswirtschaftliche Strukturveränderung bzw. Zerschneidung des Klinikums in nur noch drei Fachbereiche medizinrechtlich und ausbildungsrechtlich höchst bedenklich sein. Zum Ende der Fragerunde wanderte das Mikrofon zu einer Mitarbeiterin des Klinikums. Sie berichtete, dass durch die Presseberichte verunsicherte Menschen auf sie und andere Mitarbeiter zukämen und besorgt fragten, ob sie denn immer noch dieselben Leistungen bekämen, weil sie in der Zeitung gelesen haben, dass dem Klinikum ja Millionen fehlten. Solche Erlebnisse belasten dann die Mitarbeiter zusätzlich. Abschließend, sagte sie dann, können die Soester stolz darauf sein mit zwei Krankenhäusern so gut aufgestellt zu sein.
Aufzeichnung auf YouTube
Während der Veranstaltung wurde im Saal auf ein striktes Hygienekonzept Wert gelegt. Wer möchte, kann sich eine Aufzeichnung der Veranstaltung auf Youtube anschauen.
Alfred Gewohn
Pressesprecher SPD Ortsverein Soest
Sandra Wulf
Vorsitzende SPD Ortsverein Soest